Jede Frau ist die Expertin ihres eigenen Lebens. Respekt vor der Autonomie und dem Selbstbestimmungsrecht jeder einzelnen Frau sowie die Säulen Hilfe zur Selbsthilfe & Empowerment, Parteilichkeit, Partizipation, Vielfalt und Anonymität kennzeichnen die Arbeit der Autonomen Frauenhäuser.
Das Selbstbestimmungsrecht jeder Frau ist ein zentraler feministischer Grundsatz und geht davon aus, dass jede Frau Expertin für ihr Leben ist. „Frauen helfen Frauen“ ist ein zentrales Arbeitsprinzip Autonomer Frauenhäuser.
Im Frauenhaus als einem Ort von Frauen für Frauen und deren Kindern darf die erlebte Dominanz des gewalttätigen Partners nicht ersetzt werden durch die Dominanz und Bevormundung seitens der Institution Frauenhaus.
Gewalt und Dominanz von Männern gegenüber Frauen wird unter anderem durch hierarchische Organisationsstrukturen repräsentiert, unterstützt und fortgeschrieben. Teams in Autonomen Frauenhäusern arbeiten selbstbestimmt, gleichberechtigt und kommen ohne formale interne Hierarchie aus.
Frauen und Mädchen erfahren jeden Tag, dass sie in ihren Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnissen ignoriert, ausgegrenzt oder abgewertet werden, weil viele Lebensbereiche von Männern und Jungen dominiert sind. Physische, psychische und sexualisierte Gewalt sind dabei extreme Ausdrucksformen männlicher Dominanz. Sie dienen dazu, dieses Machtgefälle zwischen den Geschlechtern aufrechtzuerhalten. Gewalt gegen Frauen ist kein individuelles Problem einzelner Personen oder Familien, sondern immer auch ein gesamtgesellschaftliches!
Autonome Frauenhäuser übernehmen eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe. Sie schaffen öffentliches Bewusstsein für die existierenden sozialen, gesellschaftlichen, strukturellen und politischen Bedingungen, die Gewalt gegen Frauen und Mädchen hervorrufen und begünstigen. Sexismus und Gewalt gegen Frauen in allen unterschiedlichen Formen dienen dem Erhalt bestehender Machtverhältnisse.
Rassismus, Antisemitismus, Homo-, Transphobie oder Reduktion von Menschen auf deren Behinderungen (Ableismus) sind weitere von vielen Ausgrenzungspraktiken.
Unterschiedlichkeit und Vielfalt sind wertvoll und bereichernd. Um Inklusion im Frauenhauskontext zu erreichen beschäftigen sich Autonome Frauenhäuser mit ausgrenzenden Mechanismen.
Das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ geht davon aus, dass jede Frau fähig und verantwortlich dafür ist, sich selbst zu helfen. Hilfe zur Selbsthilfe ermutigt Frauen und fordert sie heraus, ihre eigenen Lösungen zu entwerfen und umzusetzen.
Frauen, Mädchen und Jungen im Frauenhaus teilen die eigenen Erfahrungen mit anderen und erleben Solidarität und Verbindung. Die Stärkung jeder einzelnen Frau und jedes Kindes hat letztendlich die Stärkung der Gemeinschaft zur Folge.
„Empowerment“ hat im Kontext der Frauenhausarbeit die Bedeutung, Frauen darin zu unterstützen, ihre eigene Entwicklung selbst zu bestimmen und im besten Fall prozesshaft in der eigenen Geschwindigkeit und aus eigener Kraft zu verwirklichen. Durch den Zugang zu Ressourcen, Informationen, Begleitung und Teilhabe wird diese Selbstbefähigung ermöglicht. Selbstachtung und Selbstvertrauen sind die Folgen von zunehmender Selbstbefähigung und der Erfahrung von Respekt und Solidarität in der Gemeinschaft. Frauen, Mädchen und Jungen erleben dadurch, eine Stimme zu haben und diese bei Entscheidungen, die sie betreffen, einzubringen und sich für ihre Rechte einzusetzen.
Frauen, die in einem Frauenhaus Schutz suchen oder in die Beratungsstelle kommen, müssen nicht beweisen, dass ihnen Gewalt angetan wurde.
Auch die Arbeit mit den Mädchen und Jungen, die im Frauenhaus unterkommen, basiert auf dem Prinzip der Parteilichkeit für die Mädchen und Jungen.
Parteilichkeit bedeutet, auf eine gesamtgesellschaftliche Verantwortungsübernahme für Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Jungen zu bestehen. Sie ist auf allen Ebenen die Grundlage des Handelns in Autonomen Frauenhäusern.
Partizipation ist ein Prozess, an dem alle Beteiligten nach ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten mitwirken und Einfluss nehmen können. Transparenz und ein freier und offener Austausch von Informationen sind dafür wesentliche Voraussetzungen.
Anonymität, Auskunftssperren, Schweigepflicht und Datenschutz dienen dem Schutz der von Gewalt betroffenen Frauen, Mädchen und Jungen. Schutz und Sicherheit der Betroffenen haben oberste Priorität. Aus diesem Grund ist die Adresse des Frauenhauses geheim.
Nach dem Motto „Das Private ist politisch“ aus der Frauenbewegung wurden Autonome Frauenhäuser gegründet. Öffentlichkeitsarbeit, der politische Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und gegen Gewalt an Frauen sind wesentliche Aufgaben der Autonomen Frauenhäuser. Damit soll nicht nur die direkte physische und psychische Gewalt, sondern auch die alltägliche strukturelle Gewalt gegen Frauen öffentlich gemacht und verändert werden. Strukturelle Gewalt zeigt sich u. a. in der unterschiedlichen Erziehung und Sozialisierung von Mädchen und Jungen, dem ungleichen Zugang zu öffentlichen Räumen und der ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern sowie der Reproduktion tradierter Geschlechterstereotype. Autonome Frauenhäuser sind hier aufmerksam und mischen sich mit ihrem feministischen Blick in gesellschaftliche Debatte ein.
Frauenrechte sind Menschenrechte: Autonome Frauenhäuser setzen sich ein für die Umsetzung internationaler Abkommen zu Frauenrechten (CEDAW: UN -Abkommen, sog. „Istanbul-Konvention“ Europarat)
Vernetzung und Koordinierung – Nur gemeinsam sind wir stark!
In Deutschland gibt es heute rund 350 Frauenhäuser in unterschiedlicher Trägerschaft. Mehr als 1/3 der Frauenhäuser bezeichnen sich als Autonome Frauenhäuser und fühlen sich den Autonomen Leitlinien dieser Arbeit verbunden. Wie das Autonome Frauenhaus Regensburg arbeiten sie als unabhängige Vereine, sind parteipolitisch und konfessionell ungebunden. Das Autonome Frauenhaus Regensburg arbeitet in den Gremien der Autonomen Frauenhäuser aktiv mit.